Hallo.
Willkommen bei der Jack London Familie. Ich bin sozusagen die "Matriarchin"
dieser Familie. Ich möchte Ihnen gern die Nachkommen Jack Londons
und seiner ersten Frau, Bessie Maddern-London vorstellen.
Ich bin Helen Darcy Abbott, Schwiegertochter von Joan London, ihrem
ersten Kind. Joan wurde am 15. Januar 1901 geboren und heiratete Park
Abbott (geboren 1900). Ihr Sohn, Bart Abbott, wurde am 12. Oktober 1901
geboren. Stellen Sie sich vor! Jack London, hätte er nur 5 Jahre
länger gelebt, wäre bei der Geburt seines ersten Enkels erst
45 Jahre alt gewesen. Bess London (Becky genannt), seine zweite Tochter,
geboren am 20. Oktober 1902, heiratete Percy Fleming und hatte eine
Tochter, Jean Wellman Knight, und einen Sohn, Guy Fleming. Die drei
hier aufgeführten Kinder von Joan und Becky Londen - Bart Abott,
Jean Wellman, und Guy Fleming - sind direkte Nachfahren, Enkel von Jack
und Bessie London. Aus dieser Linie entstammen acht Urenkel. Bart Abbott
war Joan Londons einziges Kind. Er und seine erste Frau Lee Pence hatten
zwei Töchter, Julie und Jill Abbott; Bart hatte drei weitere Töchter
mit seiner zweiten Frau (das bin ich); dies sind Darcy, Chaney, und
Tarnel Abbott. Sie sind somit Joans Enkelinnen. Jean Wellman und ihr
Ehemann Charles Knight hatten zwei Söhne, Charles Gene und Bruce
Knight. Guy Fleming und seine Frau Winona haben eine Tochter, Sandra;
diese drei sind sind also Beckys Enkel. Zusammen macht das acht Urenkel
von Jack und Bessie London. Und dann gibt es natürlich die nächste
Generation - siebzehn Ur-Ur-Enkel! Außer vielleicht für diejenigen,
die eine vollständige Stammtafel ausarbeiten möchten, dürfte
die obenstehende Information vorerst ausreichen.1
Wie auch immer, diese Nachkommen fielen, wie Äpfel,
nicht weit vom Stamm. Vielleicht interessieren Sie sich für die
Lebensläufe einiger dieser Abkömmlinge von Jack und Bessie
London; deshalb werde ich mit Joan und Becky beginnen, und ich muß
Sie gleich warnen, daß meine Wahrnehmung dieser beiden Frauen
eine sehr persönliche und zugeneigte ist.
Zunächst: ich hatte keine Ahnung, daß ich in die London Familie
einheiraten würde.Und ich wäre fast davongerannt, als ich
zum erstenmal erfuhr, daß ich Jack Londons Schwiegerenkelin werden
sollte. Mir war, als würde ich unmittelbar zu Füßen
meines Idols knieen. Und so geschah es: Ich traf Joan, meine zukünftige
Schwiegermutter 1946 in ihrem Haus in Berkeley, Kalifornien, in der
Nähe des Claremont Hotels.Sie war eine ehrfurchtgebietende, majestätische
Gestalt, und ich war fast betäubt von der dynamischen Kraft dieser
umwerfend schönen Frau, die mich mit "arms around" empfing,
wie ihr Vater es ausgedrückt hätte. In der gleichen Woche
stellte mich Bart seiner Großmutter, Bessie Maddern London vor.
Sie hatte, wie man mir sagte, gerade einen Schlaganfall erlitten und
lag im "The King's Daughters Home" am Broadway, in Oakland, Kalifornien.
Dieser Besuch bei Jack Londons erster Ehefrau hat mich zutiefst erschüttert.
Sie starb im folgenden Jahr; die geliebte "Nana", die stets liebevoll
für die drei jungen Enkel Bart, Jean und Guy gesorgt hatte, während
ihre Mütter ihren Lebensunterhalt verdienen mußten.
Joan arbeitete in einer Reihe von Berufen. die ihr einen interessanten
und aufregenden Lebensstil ermöglichten, mit einer Menge Zeitungspopularität,
was nicht immer dem Gattengeschmack entsprach. Sie war fünfmal
verheiratet, davon zweimal mit dem gleichen Mann. Ihre letzte Ehe, die
mit Charles Lortz Miller ("Indian Miller"), ihrer Jugendliebe aus Universitätszeiten
und Oaklands Triathlon Champion, dauerte 23 Jahre, bis zu seinem Tod
1970. Sie folgte ihm weniger als ein Jahr später; zehn Tage danach
starb auch ihr erster Ehemann, Park Abbott ... die drei waren bereits
in ihrer Schulzeit befreundet und sind es immer geblieben. Joan war
in jeder Hinsicht eine würdige Tochter ihres Vaters, eine Kämpferin
für die kalifornischen Landarbeiter , die unermüdlich gemeinsam
mit den Gewerkschaftsführern für die Belange der Landarbeiter
eintrat. Sie war eine überzeugte Sozialistin. Sie arbeitete ihr
ganzes Leben hindurch, sorgte dabei nicht nur für ihren eigenen
Lebensunterhalt, sondern teilte sich auch die Erziehungskosten mit ihrem
geschiedenen Ehemann, dem Vater Barts, sowie die Zeit, die sie mit ihrem
Sohn verbrachten; was im Großen und Ganzen für alle Beteiligten
von Vorteil war.
Während dieser Zeit wurde aus Joan eine professionelle Rednerin,
die ständig von Stadt zu Stadt reiste, von Kalifornien bis New
York, um Vorträge über ihren Vater auf Versammlungen von Jack
London Fans zu halten, welche sie dafür über eine Agentur
buchen konnten. Während der Depressionsjahre arbeitete sie für die W.P.A.
(Works Progress Administration). Es ist mir unmöglich, die Vielfalt
ihrer beruflichen Tätigkeiten zu dokumentieren. Eine davon brachte sie
nach Hollywood ... sie arbeitete als Beraterin mit an dem William Wellman
Film CALL OF THE WILD; schrieb Kurzgeschichten und verfaßte die erste
Biographie ihres Vaters, JACK LONDON AND HIS TIMES, bereiste Rusland
mit Charles Malamuth, ihrem zweiten Ehemann und E.E. Cummings, der ein
Buch über sie schrieb.
Zwischen
ihren Jobs arbeitete sie an weiteren Büchern: "So Shall Ye Reap", die
Geschichte kalifornischer Saisonarbeiter, in Zusammenarbeit mit Henry
Anderson, und ihre eigenen Lebenserinnerungen als das Kind verfeindeter
Eltern, die sie allerdings nie veröffentlichte. Das Manuskript befindet
sich in der Huntington Library und trägt den Titel "Visiting Rights
Only".
In den letzten Jahren ihres Lebens verfaßte sie dann die tiefempfundenen
Memoiren JACK LONDON AND HIS DAUGHTERS und bot sie der University of
Washington Press an, halbvollendet aber mit einer Synopsis und einem
Nachwort versehen. Der Verlag hatte gerade eine zweite Auflage von JACK
LONDON AND HIS TIMES herausgebracht und nahm nun auch dieses Werk unter
Vertrag.
Bart übernahm
alle damit verbundenen Verpflichtungen, wie er es seiner Mutter auf
ihrem Sterbebett versprochen hatte. Als der Verlag sich nach acht Jahren
immer noch nicht in der Lage sah, die zur Veröffentlichung erforderlichen
Erlaubnisse ² zu erhalten,
zog Bart das Manuskript zurück und das Buch wurde von Malcolm Margolin,
Heyday Press, Berkeley, veröffentlicht.
Nach Joans
Tod beschloß die kalifornische Regierung einstimmig, sie für die 20
Jahre ihrer Gewerksschaftsarbeit und ihren Einsatz für die Belange der
Arbeiter zu ehren. Sie sandten Bart die prachtvoll eingebundene, goldgeprägte
Urkunde, die Sie hier betrachten
können.
Joan und
ihre Schwester Becky waren sehr unterschiedliche Persönlichkeiten. Ihre
Gegensäztlichkeit wäre - aus einem historischen Gesichtspunkt betrachtet
- nichts weiter als eine nette Anekdote, wenn sie nur nicht soviel Schaden
angerichtet hätte. Und zwar nicht nur bei den beiden Frauen selbst,
sondern auch bei anderen Mitgliedern der Familie, und sogar bei ihren
Vorfahren.
Joan war Hausfrau und Karrierefrau zugleich; jeden Tag pendelte sie
zwischen Pleasant Hill und San Francisco.
Becky war Gourmet-Köchin, Gärtnerin, Schriftstellerin, Sockenstrickerin,
Näherin für ihre Enkel, Katzen- und Hundefreundin, Liebhaberin exotischer
Fische und Retterin verwundeter Vögel... jemand der für dich da war,
wenn du ihn brauchtest. Glauben Sie, jemand kannte diese Frau richtig?
Und: diese Frauen waren Schwestern. Nur wenige saßen mit ihnen auf der
Veranda, wenn sie ihren Schwatz hielten und sich genüßlich an ihren
Erinnerungen an "Daddy" delektierten.
Aber sie
waren keine Heilige - beide piesackten sie ihre Ehemänner. Joan war
geradeheraus, trotzig, eine unerbittliche Kämpferin gegen die Verlogenheit.
Sie war meistens ernst und nachdenklich.
Becky dagegen war geschwätzig, lebhaft, launisch. Sie nahm den Namen
"Becky" an, nachdem sie ein Bühnenstück von Becky Sharp gesehen hatte.
Und nur, um ihnen etwas Stoff zum Nachdenken zu geben: sie wurde zur
Becky Sharp, und mit ihrem ausgeprägten Sinn fürs Theatralische bot
sie den Jack London Fans auch was für ihr Geld. Ihre Lebensgeschichte
sollte vielleicht besser von ihren beiden Enkeln erzählt werden, die
sie sehr liebte.
Ich mochte Becky immer sehr gerne. Als ich ihren Neffen Bart heiratete,
stellte sie ein Photoalbum von Barts Kindheit für mich zusammen. Ihr
ganzes Leben lang behielt sie ein Seebild, das ich für sie gemalt hatte.
Sie verbarg ihre guten Taten, und ihre Verletztheiten. Sie verbrachte
Jahre damit, alle Bücher ihres Vaters in Braille-Schrift zu übertragen.
Sie war ihre eigene Angestellte in dem Postkartengeschäft, das sie zusammen
mit ihrem Mann betrieb und ich wette, es langweilte sie zu Tode.
1.
[Anm. JLD: eine solche Stammtafel ist in Vorbereitung und wird demnächst
hier veröffentlicht]
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2.
[Anm. JLD:es waren Russ Kingman und Waring Jones, welche die
Veröffentlichung zu verhindern suchten. Kingman, da er Interessen
von Becky London verletzt sah, denn einige Erinnerungen der beiden Töchter
unterschieden sich in Details; Waring Jones sah Bildrechte verletzt,
denn er hatte der Familie vor einigen Jahren eine Reihe von Rechten
abgekauft. Beide hatten im Grunde kein justiziables Einspruchsrecht,
aber die University Press fürchtete Komplikationen. Heyday Press
war in dieser Hinsicht furchtloser. In der Tat hatte die Veröffentlichung
auch nicht die geringsten Konsequenzen für Verlag oder Familie.]
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Fortsetzung: Teil II